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Kolpingsfamilie Eislingen

Orgelbau - Ein Vortrag von Hariolf Hummel
Hariolf Hummel in St. Markus - Bild durch Anklicken vergrößern

Hariolf Hummel in St. Markus

H. Hummel mit seinem Gesellenstück - Bild durch Anklicken vergrößern

H. Hummel mit seinem Gesellenstück

(gf) Pastoralreferent Hariolf Hummel ist gelernter Orgelbauer und damit der richtige Mann um in die Geheimnisse der „Königin der Instrumente“ einzuführen. 

Der Vortrag begann mit dem praktischen Teil an der Orgel in der St. Markus Kirche. Er erklärte den Aufbau und die Funktion des Spieltisches mit seinen drei Manualen, den 36 Registern, den Pedaltasten, und dem Schwellwerk, das mit seinen Jalousien vor den Pfeifen die Lautstärke etwas steuern kann. Mit den Registern können verschiedene Klangfarben und Lautstärken eingestellt werden.

Was bei einer Orgel zuerst ins Auge fällt, sind die Pfeifen an der Front, das Orgelprospekt. Die Größe der Pfeifen, welche in englischen Fuß gemessen werden (1 Fuß entspricht 30,48 cm) bewirkt die Tonhöhe, wobei die größte Pfeife hier mit 16 Fuß den tiefsten Ton hervorbringt. Die kleinste Pfeife mit ca. 1cm erzeugt einen so hohen Ton, dass er von vielen Menschen schon nicht mehr gehört wird. Die Pfeifen können aus Metall oder Holz gefertigt sein. Die zugeführte komprimierte Luft, der so genannter Wind, wurde früher durch große Blasebälge erzeugt, heute werden in der Regel elektrische Gebläse verwendet.

Vom Spieltisch aus werden die Bewegungen der Tasten mechanisch, pneumatisch oder elektrisch über die Traktur an die Windlade geleitet. Dort befinden sich unter den Pfeifen Ventile, die sich entsprechend öffnen, und der Wind kann in die Pfeife strömen und diese zum Klingen bringen. Zusätzlich gibt es noch einen Absperrschieber mit der Aufgabe, den Wind für die nicht gezogenen Register zu blockieren. Die mechanische Übertragung besteht meist aus dünnen Holzstreifen sowie aus Winkeln und Wellen aus Holz oder Metall. Die räumliche Anordnung ist eine große Herausforderung für den Orgelbauer.

Der zweite Teil des Referats fand im Kolpingheim in gemütlicher Runde statt. Mit Unterstützung einer kleinen Bilderschau ging Hariolf Hummel auf die Geschichte der Orgelkunst ein. Die älteste Ãœberlieferung stammt aus dem 3. Jh. v. Chr. aus Alexandrien, die Hydraulis, eine Wasserorgel (Windregulierung erfolgt durch Wasserdruck). Sie hatte bis zu 19 Tasten, verfügte über mehrere Register und verwendete im Prinzip bereits eine Schleiflade.  Der Einsatz dieser Orgel war vor allem weltlich: im Zirkus, in der Arena und auch bei Triumphzügen. Um 800 erhält Karl der Große vom oströmischen Kaiser eine Orgel geschenkt. In der Karolinger Zeit fand die Orgel Eingang in die Kirchen. 892 n. Chr. hatte die Orgel von Winchester bereits zwei Klaviaturen zu je 20 Tasten und insgesamt 400 Pfeifen.

Das 14. Jh. brachte die Einführung des Pedals und die Verteilung des Pfeifenwerks auf mehrere Manuale.

In der Kirche Notre-Dame-de-Valére in Sion (Schweiz) ist die älteste spielbare Orgel der Welt. Ihre ältesten Teile stammen aus dem Jahr 1435.

Im 15. und 16. Jh. wurden auch kleine tragbare Orgeln (Portative) gebaut. Sie wurden aber später im 18. Jh. durch das Klavier verdrängt.

Eine tragbare Orgel hatte der Referent mitgebracht. Es war kein antikes Instrument sondern sein Gesellenstück. Mit einem Blasebalg an der Rückfront und 10 Pfeifen mit den zugehörigen Tasten vorne, ist das gute Stück spielbar. Wahrlich eine schöne Handwerksleistung.

Im 15. Jh. waren alle heutigen Orgelteile vorhanden.

o      Zungenstimmen (Linguale) treten ab dem frühen 15. Jh. auf.

o      1452 erschien das erste Lehrbuch des Orgelspiels und des Kolorierens von Conrad Paumann: „Fundamentum organisandi“.

o      Das Barock selbst wurde zur Blütezeit der Orgelkunst. Aus dieser Zeit stammen viele berühmte Komponisten. (M. Praetorius, G. Frescobaldi, D. Buxtehude, N. Bruhns, J.Bachelbel, J. S. Bach…)

o      In der Klassik ist die Orgel scheinbar in die zweite Reihe gerückt.

o      In der Romantik erobert schließlich die Orgel Oper und Konzertsäle. (Komponisten: F.List, J. Brahms, R. Schumann, Boellmann, Widor Reger Mesiaen).

Mit der Vorstellung der Superlative ging der Vortrag seinem Ende zu. Die größte Orgel der Welt ist in Philadelphia /Pennsylvania USA. Sie hat 6 Manuale, 462 Reihen, 374 Register

28.522 Pfeifen. Sie wurde 1911 in einem Kaufhaus eingebaut. Die nächst Größten stehen alle in USA. An 5.Stelle kommt die Orgel im Dom zu Passau und ist damit die größte Kirchenorgel.

Die Orgel in St. Markus wurde von der Firma Reiser in Biberach gebaut. Sie ist nicht die größte und bekannteste, aber für uns die wichtigste Orgel.