Zu diesem Thema sprach Rolf Ulmer, Dekan des Ev. Kirchenbezirks
Göppingen, im Kolpingheim Eislingen.
(gf) Was hat der kürzlich verstorbene Pfarrer Christian Führer aus Leipzig mit dem heutigen Thema zu tun? Christian Führer war Pfarrer in
der Nikolaikirche in Leipzig und Initiator der Montagsgebete, welche schlussendlich mit zum Fall der Mauer und zur Wiedervereinigung
geführt haben. An der Kirchentür hatte er ein Schreiben angebracht: „Nikolaikirche offen für alle“. Ihm war klar, dass sich die Kirche nicht
hinter Kirchenmauern zurückziehen kann, sondern dass Kirche etwas zu tun hat mit den Menschen hier in unserem Leben. Er hat immer wieder dazu aufgerufen gewaltfrei gegen Missstände zu protestieren.
Im Februar 2013 verfassten die Dekane Ulmer und Hermann und die Dekanin Hühn ein Sozialwort das nun Grundlage dieses Vortrags war.
Wahrnehmung In Deutschland wachsen der Wohlstand und das Vermögen – aber nicht für alle Menschen!
Einerseits unermesslicher Reichtum für Wenige, allen Finanzkrisen zum Trotz. Andererseits viele schlecht bezahlte
Arbeitsstellen mit Einkommen, von denen niemand leben kann. Liegt der Wert der Arbeit wirklich nur darin zu
funktionieren und anderen Gewinn zu verschafften? Unternehmen, die anders handeln, geraten zunehmend unter Druck.
Menschenbild Wir setzen uns für die ein, die das politische und wirtschaftliche Denken leicht vergisst. „Was ihr einem dieser
meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“ Daran maß Jesus ein gutes Leben.
Zur Würde des Menschen gehören die Grundrechte, einschließlich der sozialen Grundrechte wie dem Recht auf
Arbeit. Die Erwerbsarbeit sichert für die meisten Menschen die existenzielle Grundlage, indem sie allen soziale
Integration, Freiheit und persönliche Entfaltung ermöglicht und als Vollzeitarbeit auskömmlich bezahlt wird.
Übermäßiger Reichtum schädigt das Sozialgefüge und schlägt letztlich auf alle, also auch auf die Reichen, zurück.
Wie kann mehr Gerechtigkeit entstehen? Wir erkennen, dass insbesondere bei Fragen zu Gerechtigkeit in Wirtschaft und Arbeitswelt die Verhältnisse
unübersichtlich und in ihren Abhängigkeiten schwierig sind. Wir sehen es deshalb als Pflicht gerade auch der
Kirchen an, unbequeme Fragen zu stellen, auch dann, wenn wir keine Antwort darauf haben. Gerechtigkeit entsteht
dann, wenn sich alle Menschen im Landkreis Göppingen in Arbeit einbringen dürfen. Die Arbeit muss
existenzsichernd und gerecht bezahlt werden, rechtlich abgesichert, unbefristet, familienfreundlich, verlässlich und
inhaltlich gut sein. Wir richten den Blick ebenso auf das wirtschaftlich Handeln unserer Kirchen und ihrer Verbände und wollen dies verstärkt unter dem Leitgedanken der Gerechtigkeit überprüfen.
Konkrete Forderungen im Landkreis Göppingen Wir sehen im Landkreis viele gute Lösungsansätze, in den Kommunen, Kirchengemeinden, Gewerkschaft,
Verbänden und Unternehmen. Das reicht von der Hilfe in Schulen, der Aktion Rückenwind, den Tafel-, Diakonie-
und DRK-Läden, der Arbeit der Caritas, Diakonie und weiterer Wohlfahrtsverbände, den Vesperkirchen und der
gemeinsamen Beschäftigungsgesellschaft bis hin zu Gesprächen mit politischen Parteien und Verantwortlichen der
Wirtschaft und Gewerkschaften. Wir fordern alle am gesellschaftlichen Leben Beteiligte auf ,sich mit den zutage tretenden Notsituationen zu
befassen, sich einzumischen und notwendige Schritte einzufordern und zu gestalten. Es ist Auftrag einer
solidarischen und prophetischen Kirche, weiter darüber nachzudenken und daran zu arbeiten, wie wir in Zukunft leben wollen- um der Menschen und ihrer Würde willen.
Das waren Auszüge aus dem Sozialwort der Dekane. Das ganze Sozialwort können Sie unter www.kirchenbezirk-geislingen.de/aktuelles/sozialwort-der-dekane nachlesen.
Es war ein interessanter Abend, der zum Nachdenken anregte.
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